· 

EuroBlech Digital Innovation Summit 2020 ohne Power

Können virtuelle Events die Qualität klassischer Konzepte erreichen oder sogar übertreffen? Wie wäre das zu realisieren? 

Große Erwartungen und die Realität?

Wie würde ein erfolgreicher Messeveranstalter wie Mack Brooks sein EuroBlech-Messekonzept in der digitalen Welt umsetzen? Der „Digital Innovation Summit“ hatte hohe Erwartungen geweckt. Um es kurz zu machen, das Ergebnis war niederschmetternd. 

 

Mack Brooks blieb mit seiner Realisierung gefühlte 10 Jahre hinter dem heutigen Stand der Technik zurück. Dem hohen digitalen Reifegrad der Branche jedenfalls wurde dieses Konzept nicht gerecht. Leider waren auch die Erwartungen der Aussteller an dieses neue Format anscheinend gering. Nur wenige waren bereit, attraktive Inhalte beizusteuern. Acht Webinare und sieben On-Demand Präsentationen (Videos) sind für einen 3-tägigen Innovation Summit einfach zu mager. Mit diesem Fazit könnte man zur Tagesordnung übergehen. Im nächsten Frühjahr gibt es hoffentlich wieder eine „richtige“ EuroBlech. Ist Abwarten also die beste Alternative?

Gibt es bessere Alternativen?

Schon lange vor Corona-Zeiten hat sich die Hausmesse als eine wirksame und vergleichsweise kostengünstige Alternative etabliert. Viele Firmen schätzen den intensiven Kundenkontakt, der auf großen Leitmessen oft zu kurz kommt. Allerdings erreichen wir mit Hausmessen eher die treuen Stammkunden aus dem Inland und weniger die Neukunden, vor allem nicht die aus dem außereuropäischen Raum.

 

Digitale Formate sind dafür die ideale Ergänzung. Die Aussteller erreichen mit ihrer Hilfe ein internationales Fachpublikum. Die Besucher wiederum haben eine einfache und schnelle Möglichkeit sich über relevante Themen zu informieren und mit den Anbietern in Kontakt zu treten. Genau das wollte Mack Brooks eigentlich bieten. Was müsste man also besser machen, um diese Ziele zu erreichen?

Verbesserung Nr. 1: Schnelles Auffinden der gesuchten Lösungen

Mack Brooks bietet 15 Produktkategorien mit Links zu den Webseiten der Anbieter. Das ist völlig unzureichend. Mit einer einfachen Internet-Suche kommt man schneller und genauer zum Ziel. Ein besonders einfacher Weg eine solche Suchfunktion zu realisieren, ist das Einbinden von Search-Box-Implementierungen oder benutzerdefinierter Suchmaschinen-Scripts. Eine solche komfortable Suchfunktion bietet zudem die Möglichkeit detaillierter Analysen zu spezifischen Besucherinteressen. Dies wäre ein wertvoller Service des Veranstalters für seine Aussteller.

Verbesserung Nr. 2: Detaillierte Informationen zu neuen Lösungen 

Besucher wollen sich in erster Linie über neue Lösungen für ihre Herausforderungen informieren. Dafür gehen sie auf die EuroBlech, auch wenn sie im Moment vielleicht keine Investition planen. In einem ersten Schritt wollen sie sich in Ruhe mit den Exponaten beschäftigen ohne gleich von aufdringlichem Standpersonal belästigt zu werden. Mit realitätsnahen 3D-Animationen, vielfältigen Interaktionsmöglichkeiten bis hin zur Virtual Reality (VR) können wir diesen Kunden mehr bieten als je zuvor. Einige besonders anschauliche Anwendungen kann beispielsweise die Firma CR Vision zeigen.

Verbesserung Nr. 3: Einfache Kontaktaufnahme für Besucher und Aussteller

Sobald wir uns als Messebesucher davon überzeugt haben, dass der jeweilige Aussteller tatsächlich eine interessante Lösung bietet, möchten wir mit einem kompetenten Ansprechpartner weitere Details besprechen. Mack Brooks bietet dafür ein Matchmaking, das mir erlaubt einen Besprechungstermin mit dem Anbieter zu vereinbaren. Eigentlich will ich dieses Gespräch aber jetzt gleich führen, auf einer klassischen Messe geht das. Dafür steht das Standpersonal bereitwillig zur Verfügung. Warum nicht auch auf einer virtuellen Messe? Wie das funktionieren kann, hat die Firma GLAESS Software & Automation GmbH mit ihrer virtuellen Messe „More Automation“ im Mai diesen Jahres gezeigt. Das dort erprobte Konzept „Technology of Meetings (ToM)“ erlaubt sogar das Gespräch unter Besuchern. So kann man sich auf einer solchen virtuellen Messe auch mit einem Bekannten unterhalten, der einem zufällig in den Gängen der Messe begegnet (mehr Infos dazu hier).

Verbesserung Nr. 4: Korrekte und vollständige Gesprächsdokumentationen

Das Standpersonal hat eine Vielzahl von wertvollen Kunden-Gesprächen geführt. Die Qualität ihres Gesprächsberichts entscheidet nicht zuletzt über den weiteren Erfolg der neuen Kundenbeziehung. Haben wir den Kunden und seine Erwartungen verstanden, wurden diese vollständig, korrekt und verständlich dokumentiert? Nur dann werden die Kollegen zuhause ihr Bestes geben können, um diese Erwartungen zu erfüllen. 

 

Dies gelingt schon auf klassischen Messen nicht immer zufriedenstellend. Was halten Sie davon, wenn das Standpersonal interaktiv und gemeinsam mit dem Kunden an einem virtuellen Whiteboard die Gesprächsinhalte dokumentieren und besprochene Dokumente und Inhalte (Bilder, Videos, Simulationen etc.) einbinden können? Gesprächsspezifische Templates helfen den Gesprächspartnern, keine wesentlichen Punkte zu übersehen. Das Ergebnis wäre eine neue Art von Messebericht mit einer bisher nicht gekannten Qualität, gleichermaßen für den Aussteller und den Messebesucher. Einen Vergleich von Produkten der führenden Anbieter solcher Virtual Whiteboards finden Sie demnächst an dieser Stelle. 

 

Messeberichte sind doch im Verantwortungsbereich des Ausstellers? Ja, richtig. Schön wäre es aber, wenn der Veranstalter, wie an einer klassischen Messe, nützliche Infrastruktur bereitstellt, die zum Messeerfolg seiner Aussteller maßgeblich beiträgt. 

Verbesserung Nr. 5: Funktionierende und funktionale Infrastruktur

Eine funktionierende Infrastruktur erkennt man daran, dass niemand sie bemerkt. Aussteller wie Kunden können sich voll und ohne Behinderungen auf ihre eigentlichen Aufgaben und Ziele konzentrieren. Dazu muss die Infrastruktur nicht nur störungsfrei funktionieren, sie muss auch alle für die Aufgaben und Ziele der Aussteller und Besucher notwendigen Funktionen zur Verfügung stellen. Dann war es für sie eine gute Messe und sie werden das nächste Mal gerne wiederkommen. 

 

Mängel in der Infrastruktur dagegen werden sehr empfindlich wahrgenommen. Wenn beispielsweise die „Virtual Booth“ der Aussteller aus einem schlichten Link zu ihren Webseiten besteht, fühlt man sich als digital kompetenter Kunde auf den Arm genommen. Vielleicht werden viele Aussteller die hier aufgeführten Mängel nicht wirklich wahrgenommen haben. 

 

Mit Sicherheit aber dürften sie völlig unzureichende Besucherzahlen registrieren. Richtig, Kunden und Aussteller müssen sich an neue Messekonzepte erst gewöhnen. Die Realisierung durch Mack Brooks hat nicht dazu beigetragen, diesen Gewöhnungsprozess zu erleichtern. Bei all den Mängeln war die bisweilen quälend langen Response-Zeiten des Messeservers noch am ehesten zu verschmerzen.

 

Heinrich Weber

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Frank Gläss (Freitag, 06 November 2020 12:38)

    Wir haben mit unseren ersten digitalen Messen genau die Lücken gefüllt, welche die bisher als Alternative genutzten Formate technisch gar nicht bieten können: Direkte Interaktion zwischen den Besuchern und dem Standpersonal (kein Chat sondern echte Gespräche), animierte 3D-Produktpräsentationen - realitätsnahes Messefeeling eben.
    Mit ToM bieten wir den Ausstellern eine zusätzliche Variante, Leads zu generieren und darum geht es am Ende - wir möchten verkaufen!

    Vielen Dank für den sehr informativen Beitrag!

    Herbstliche Grüße

    Frank Gläss

  • #2

    Dr. Daniela Eberspächer-Roth (Freitag, 06 November 2020 21:48)

    Gute und wichtige Gedanken. Und mehr... dieser digitale Ansatz kann auch für eine eventuell in 2021 stattfindende Präsenz-Messe einen interaktiven Mehrwert gestalten. Mack Brooks bitte umsetzen.
    Mit Profilen + Profilieranlagen von der PROFILMETALL Gruppe sind wir gerne dabei und leisten unseren Beitrag zu innovativen Konzepten.