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3D Technologie für Tabletten-die sanfte Disruption

Quantensprung-Innovation aus der Sicht  von Technologieanbietern

Digitalisierung schafft die Voraussetzungen für neue Geschäftsmodelle für Technologieanbieter insbesondere im Health Care Bereich. Dazu im Folgenden ein Beispiel aus dem Bereich der zukünftigen individualisierten Bereitstellung personalisierter Medizin.

Bislang war es Pharmaunternehmen überlassen nahezu monopolistisch die Produktion und den Vertrieb von Tabletten und somit einen nicht unerheblichen Teil der Wertschöpfung zu übernehmen. Das könnte sich durch ein dezentrales Geschäftsmodell aber bald ändern welches im Folgenden erörtert werden.

Personalisierte Medizin bringt in der Zukunft für den Patienten maßgeschneiderte Therapien. Das bedeutet, der Patient liefert vielfältige selbst erhobene medizinische Daten (via Sensoren, Fitnesstracker etc.), die der Arzt auswertet und daraus als Therapie möglicherweise individuell wirksame Arzneimittel mit der genau richtigen Dosierung verschreibt. Der Patient kommt also mit dem Rezept für ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel wie gewohnt in die Apotheke. Jetzt kommt 3-dimensionaler (D) Druck ins Spiel und zwar als neue Technologie zur Herstellung von individuellen Tabletten, die nicht mehr Massenware darstellen.

Die Herstellung von individualisierten Tabletten durch 3D Druck könnte aber für einzelne Apotheken zu aufwendig sein, so dass spezialisierte Druck-Auftragsunternehmen im Sinne eines Outsourcings diese Aufgaben übernehmen. Spezialisierte Technologieanbieter stellen die 3D Tabletten in der genau gewünschten Dosierung und Menge her. Eine individuelle Dosierung verhindert Überdosierung mit Nebenwirkungen  oder Unterdosierungen, die ansonsten keine Wirksamkeit zeigen. Zusätzlich sollten Patienten eine bessere Einnahme-Compliance zeigen, da diese Produkte nur für sie hergestellt und optimiert wurden.

Die beteiligten Technologieanbieter verfügen über eine Batterie von verschiedenen 3D Drucktechnologien und können somit optimal die geforderte Rezeptur umsetzen, die im Folgenden für die gängigsten Verfahren kurz erläutert werden:

  • Stereolithographic 3D Printing (SLA): SLA nutzt  das Aushärten von photosensitiven Materialien durch UV Licht.
  • Selective laser/heat sintering (SLS/SHS). SLS nutzt hoch energetisches Laserlicht, welches zum Sintern von Pulvern führt, das sich wiederum schichtenweise miteinander verbindet (Rahman et al 2018.).
  • Tintenstrahl-Powder-Bed: Das Produkt wird schichtenweise durch Bindemittel erstellt und zB durch UV Polymerisation gefestigt. Die erste kommerzielle 3D Tablette (Spirtam) wird auf diese Weise hergestellt.
  • Fused deposition modeling (FDM). Diese Technologie ist momentan am weitesten verbreitet für die 3D Tablettenherstellung. Bei FDM  wird ein thermoplastisches Filament geschmolzen und durch einen Druckkopf gepresst und schichtenweise erstellt.
  • Semi-solids extrusion (EXT). Bei EXT werden halb-feste Materialien durch Extrusion durch eine enge Öffnung kurzzeitig erhitzt und erstellen schichtenweise das 3D Produkt.

Darüber hinaus stellen Technologieanbieter für diese neuen innovativen Technologien in Zukunft geschultes Personal zur Verfügung, so dass sich eine optimale Partnerschaft für Apotheken ergibt. Die Abgabe der 3D Druckerzeugnisse kann dann wieder über den Apotheker an den Patienten erfolgen.

Sollten Pharmaunternehmen nicht selber zu einem Anbieter für die 3D Druckmateralien (Patronen oder Filamente) werden, die den jeweiligen Wirkstoff enthalten, so könnten auch Technologieanbieter diesen Markt bedienen. Womöglich könnten diese sogar von Firmen angeboten werden, die bereits 3D Drucker herstellen.

Der 3D Drucker wird selbstverständlich nur für den Tablettendruck einsetzbar sein, der gesamte Herstellungsprozess wird zertifiziert sein und den Anforderung von Good Manufacturing Prozesses (GMP) entsprechen müssen.

 

Es bleibt noch zu klären, wie bei Haftungsfragen verfahren wird; also in welchem Masse der Programmierer der 3D Software, der Technologieanbieter als Hersteller oder das Pharmaunternahmen herangezogen wird.

 

Somit sollte sich der 3D Druck von Tabletten als interessante und lukrative Nische neben den herkömmlich durch Kompaktierung hergestellten Tabletten etablieren lassen. Auch wenn die Massenware, der in großen Volumina herstellbaren traditionellen Tabletten,  in Zukunft immer noch benötigt wird, entsteht ein neues bedeutendes Feld für individualisierte oral wirksame Medizin. Somit kann von einer zukünftigen Quantensprung-Innovation für Technologieanbieter im Bereich des 3D Drucks ausgegangen werden.

Wie beurteilen Technologiefirmen diese Einschätzung zum Quantensprung-Potential der 3D Tablette?

 

Anmerkung: der gesamte Beitrag stellt die Meinung des Autors dar und nicht die eines seiner vorherigen oder jetzigen Arbeitgeber und diese Publikation werden auch nicht von diesen in irgendeiner Form unterstützt.

 

Interessiert an weiteren Blogs zum 3D Druck?

In der vorherigen Folge wurde eine Quantensprung-Innovation aus der Sicht von Gesundheitsbehörden erläutert.

 

In der nächsten Folge wird die Quantensprung-Innovation aus der Sicht von Innovationsmanagern erläutert.

 

Dr. Volker Möckel

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